Zwei Gedenksteine im deutsch-tschechischen Grenzgebiet

Beide Gedenksteine stammen aus dem Jahr 1951 und erinnern an den Tod eines tschechischen und eines deutschen Grenzbeamte, die hier den Tod in Ausübung ihres Dienstes fanden.

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Gedenkstein für Corporal Vaclav Königsmark
nördlich vom Scheitelteich aufgestellt 

Gedenkstein für den Zollbeamten Georg Nirschel
bei der Grünstegbrücke nahe der Pfeiffermühle

Gedenkstein Nr. 1
befindet sich im Grenzgebiet BRD/CSR auf tschechischem Staatsgebiet, unmittelbar nach der Unterführung der Eisenbahnstrecke Schirnding – Cheb. Hier wird ein Feldweg nach der verschwundenen ehemaligen Orschaft Rathsam überbrückt. Zwischen Rathsam und der Bahne-Unterführung verläuft der Wallenstein-Wanderweg nach Cheb (Eger).

Die Inschrift lautet:
NEPROJDOU   (Sie kommen nicht durch)
ZDE POKLES DNE 2.4.1951   (Hier fiel am 2.4.1951)
Des(atnik) VACLAV   (Korp(oral) VACLAV)
KÖNIGSMARK   (Königsmark)
NAR(OZENY) 1928   (Geb(oren) 1928)
PRY OSTRAZE STATNI HRANICE CSR  (Bei der Bewachung der Staatsgrenze der CSR)

Nach einem tschechischen Bericht (unter www.klub-pohranici.cz/news/a05-pribeh-desatnik-vaclav-konigsmark-/ )wurde hier in Grenznähe, unmittelbar bei der Unterführung an der Bahnlinie Schirnding – Cheb auf tschechischem Staatsgebiet der Corporal Vaclav Königsmark von Pistolen-schüssen tödlich getroffen.

In den damaligen unruhigen Zeiten nutzten Grenzgänger und Agenten gerne Fernstraßen und Bahnlinien, um sich in der Dunkelheit in unbekanntem Gelände zu orientieren und über die Grenze zu wechseln. In jener regnerischen Nacht befanden sich zwei Mann der tschechischen Patroille in der Unterführung. Der dritte Mann, Königsmark, beobachtete die in ca 40 Meter vorbeiführende Straße. Eine weitere Gruppe von Grenzsoldaten befand sich landeinwärts in Richtung Ratsam unter Bäumen in Deckung. Sofort, nach dem eine Serie von Schüssen gefallen waren, näherte sich die Gruppe vorsichtig der Unterführung. Sie hörten noch das Laufen von Personen, die sich oben auf dem Bahndamm rasch in Richtung Bayern entfernten. Dann sahen sie ihren toten Kollegen nahe der Unterführung auf dem Boden liegen. Eine Pistole lag neben ihn. Nach tschechischen Angaben hatte sich hier ein oder mehrere ausländische Agenten den Weg nach den Westen freigeschossen.

Gedenkstein Nr. 2
befindet sich links neben der Grünstegbrücke, die hier über die Eger führt, in der Nähe der Pfeiffermühle. Hier wurde der 38jährige Zollassistent Georg Nirschel aus Sommerhau von tschechischer Seite aus erschossen.

Die Inschrift lautet hier: Zollassistent Georg Nirschel, geb. 11.8.1913 + 3. 7.1951, in Pflichterfüllung

Das „Selber Tagblatt“ vom 4. Juli 1951 schreibt zu den tödlichen Schüssen:

In der Nacht vom Montag auf Dienstag ereignete sich gegen 2 Uhr früh an der Grenze bei Hohenberg a.d.Eger ein schwerer Grenzzwischenfall, bei dem der 38-jährige Zollassistent Georg Nirschel aus Sommerhau durch einen Pistolenschuss tödlich getroffen wurde.

Nirschel, der gemeinsam mit dem Zollassistenten Fritz Popp aus Hohenberg bei der Zollaufsichtsstelle Hohenberg Dienst tat, befand sich mit seinem Kameraden um die fragliche Zeit auf einem Patrouillengang. Wie sie dies öfters tun, gingen die beiden Beamten bei der sogenannten Grünstegbrücke dicht an der Grenze in Deckung auf Beobachtungsposten, als sich aus dem Dunkel von tschechischer Seite her eine männlich Person löste um die Grenze zu überqueren versuchte. Als Nirschel den illegalen Grenzgänger anrief, zog dieser eine Pistole und schoss. Im gleichen Augenblick wurde von tschechischen Boden aus Feuer aus mehreren Maschinenpistolen auf die beiden deutschen Beamten eröffnet. Dabei wurde Nirschel so unglücklich getroffen, daß er nur noch die Kraft hatte, seinen Schäferhund zurückzurufen. Dieser hatte den Illegalen bereits gefasst. Dann brach Nirschel tot zusammen.

Popp begab sich sofort nach dem Zwischenfall zur nahen Pfeiffermühle und rief telefonisch den Hohenberger Arzt Dr. Tuppert herbei. Dieser konnte nur noch den Tod von Nirschel feststellen. Popp erklärte später, dass er einmal wegen der herrschenden Dunkelheit, weiter um den Hund zu schonen, nicht geschossen habe. Dafür aber eröffneten die Tschechen umgehend nach dem Pistolenschuss von weiter jenseits der Grenze aus Maschinenpistolen das Feuer, das offenbar den Zweck hatte, ihrem illegalen Grenzgänger den Rückzug zu decken.

Sowohl dieser Umstand als auch die Tatsache, dass offensichtlich während der ganzen Nacht an der bayerisch-tschechischen Grenze zwischen Selb und Schirnding ein starker illegaler Verkehr von der CSR nach Deutschland herrschte, bringt informierte Kreise zu der Annahme, dass es sich bei den Pistolenschützen um einen Spion gehandelt hat und das die Tschechen es auch an anderen Stellen – offenbar erfolgreicher – versucht haben, Agenten nach Deutschland einzuschleusen.

Nach einem späteren Bericht in der „Frankenpost“, vom 16.März 1999, betitelt „Wer ist der tschechische Geheimagent ML 16“ gelang es 48 Jahre nach dem Tod des Zöllners zumindest den Decknamen des tschechischen Agenten festzustellen, der vermutlich die tödlichen Schüsse abgegeben hat. Es handelt sich um einen TOP-Agenten, der in tschechischen Unterlagen unter der Deckbezeichnung „ ML 16“ geführt wird. Dieser wurde in der gleichen Nacht südlich von Hohenberg bei einem weiteren Versuch, die Grenze illegal zu überschreiten von einer Zollstreife festgenommen und einer Streife der US-Army übergeben. Es gelang aber den Agenten wieder zu entkommen und über die Grenze nach Tschechien zu fliehen.

Es ist nicht bekannt, ob die weiteren staatsanwaltschaftlichen Bemühungen, die ab 1997 gemeinsam mit tschechischen Behörden ermitteln, zur Ergreifung des Agenten führten.

Siegfried Röder


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